Aufrechnung gegen Unterhaltsforderungen

In einer Entscheidung vom 08.05.2013 hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob ein Unterhaltschuldner gegen die auf den Sozialhilfeträger übergegangenen Unterhaltsansprüche mit privaten Forderungen aufrechnen darf.

Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Unterhaltsschuldner -Vater eines nicht ehelich geborenen Kindes- lebte von der Kindesmutter getrennt und zahlte während der ersten 3 Jahre nach der Geburt des Kindes keinen Betreuungsunterhalt. Das Jobcenter erbrachte an die Kindesmutter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitslose. Das Jobcenter machte dann geltend, dass der Unterhaltsanspruch auf die Behörde übergegangen sei und verklagte den Vater auf Zahlung des Unterhaltes in Höhe der vom Jobcenter erbrachten Leistungen.
Der Kindesvater wandte ein, dass er der Kindesmutter ein Darlehen gezahlt habe, auf Grund dessen seinerseits ein Rückzahlungsanspruch bestehe. Deshalb erklärte er die Aufrechnung mit den Unterhaltsansprüchen.

Der Bundesgerichthof hält die Aufrechnung für unwirksam, da das Aufrechnungsverbot, welches grundsätzlich für Unterhaltsansprüche gilt nicht nur die wirtschaftlichen Lebensgrundlagen des Unterhaltsberechtigten sicherstellen, sondern auch die Sozialsysteme schützen soll.
Könnten sich die Träger der Grundsicherung anders als die unterhaltsberechtigte Kindesmutter nicht auf das Aufrechnungsverbot berufen, stünde es dem Unterhaltsverpflichteten frei, die Kindesmutter zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu zwingen, um anschließend durch Aufrechnung private Forderungen gegen den Unterhaltsberechtigten zu Lasten der Allgemeinheit beizutreiben. Dies widerspreche auch dem Grundsatz des Nachrangs von Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

BGH. BESCHLUSS vom 8. Mai 2013 –XII ZB 192/11

Unterhalt nach Scheidung gegen die Erben

Obgleich nach der aktuellen Rechtslage ein lebenslanger nachehelicher Unterhaltsanspruch nur noch in Ausnahmefällen in Betracht kommt, kann sich die Problematik stellen, dass im Zeitpunkt des Todes des geschiedenen Ehegatten gegen diesen noch ein Unterhaltsanspruch bestand. Es stellt sich dann die Frage, ob der Unterhaltsanspruch auch gegen die Erben des verstorbenen geschiedenen Ehegatten geltend gemacht werden kann.

Dieser Fall ist geregelt in § 1586 BGB. Darin heißt es, dass mit dem Tode des Unterhaltsverpflichteten die Unterhaltspflicht auf den Erben als Nachlassverbindlichkeit übergeht. Der Erbe haftet jedoch nicht über einen Betrag hinaus, der dem Pflichtteil entspricht, welchen der unterhaltsberechtige Ehegatte hätte verlangen können, wenn die Ehe noch nicht geschieden wäre.

 

Dies bedeutet, dass der geschiedene Ehegatte auch von den Erben Unterhalt verlangen kann, und zwar in der Höhe, wie ein Unterhaltsanspruch zum Zeitpunkt des Todes des geschiedenen Ehegatten bestanden hat. Dieser Unterhaltsanspruch ist begrenzt auf den gesetzlichen Pflichtteil.

 

Der gesetzliche Pflichtteil entspricht wertmäßig der Hälfte des gesetzlichen Erbanspruches. Dieser wiederum ist für einen Ehegatten gemäß § 1931 BGB davon abhängig, ob neben dem überlebenden Ehegatten Verwandten der ersten oder zweiten Ordnung vorhanden sind.

 

Um festzustellen, ob und ggf. wie lange ein Unterhaltsanspruch gegen die Erben besteht, müssen vom Rechtsanwalt zunächst die Einkommensverhältnisse der geschiedenen Eheleute ermittelt werden. Ist der überlebende Ehegatte nach wie vor unterhaltsbedürftig, ist im nächsten Schritt die Begrenzung durch die Höhe des Pflichtteils zu berechnen.

Unterhalt der geschiedenen Ehefrau bei Eingehung einer neuen Ehe

Auf Grund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes hat der BGH inzwischen seine Rechtsprechung zur sogenannten Dreiteilungsmethode aufgegeben. Es geht hierbei um die Frage, wie der Umstand berücksichtigt wird, dass der unterhaltspflichtige Ehegatte erneut geheiratet hat und auch seiner neuen Ehefrau gegenüber unterhaltspflichtig ist. Nunmehr wird die Unterhaltsverpflichtung gegenüber der neuen Ehefrau nicht mehr bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfes der alten Ehefrau berücksichtigt. Stattdessen spielt dieser Umstand nur noch bei der Berechnung der Leistungsfähigkeit eine Rolle, also wenn es um die Frage geht, ob der Unterhaltspflichtige überhaupt in der Lage ist, den im Rahmen der ersten Stufe der Unterhaltsprüfung ermittelten Unterhaltsbedarf tatsächlich auch zu berücksichtigen.

Fazit: Auch weiterhin muss eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der neuen Ehefrau berücksichtigt werden. Nur die Berechnungsweise hat sich geändert.

BGH · Urteil vom 7. Dezember 2011 · Az. XII ZR 151/09

 

Unterhalt-Jugendamtsurkunde

Grundsätzlich kann jede unterhaltsberechtigte Person verlangen, dass über den Unterhaltsspruch ein vollstreckbarer Titel geschaffen wird. Ein solcher Titel berechtigt zur Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, falls der Unterhaltsschuldner seiner Unterhaltsverpflichtung nicht mehr nachkomen sollte. Der Anspruch auf Schaffung eines solchen Titels besteht selbst dann, wenn der Unterhaltspflichtige den Unterhalt regelmäßig zahlt.

Für den Kindesunterhalt gibt es die kostenfreie Möglichkeit, einen solchen vollstreckbaren Titel in Form einer Jugendamtsurkunde zu errichten.

Wie lange aber gilt eine solche Urkunde und was passiert, wenn sich die Einkommenssituation ändert und der Unterhaltsverpflichtete nicht mehr in der Lage ist, den Unterhalt gemäß Jugendamtsurkunde zu zahlen?

Die Urkunde ist grundsätzlich zeitlich unbeschränkt gültig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich aus der Urkunde selbst ausnahmsweise eine Befristung ergibt (z.B. bis Vollendung des 18. Lebensjahres).

Ändern sich die der Jugendamtsurkunde zu Grunde liegenden Umstände, bleibt der Titel dennoch wirksam, solange der Berechtigte nicht auf seine Ansprüche verzichtet oder ein Gericht eine Abänderung per Urteil feststellt.

Will der Unterhaltsverpflichtete die Urkunde durch ein Gericht abändern lassen, muss er einen Abänderungsantrag beim Familiengericht stellen. Hierfür besteht Anwaltszwang .

In der Rechtsprechung ist nicht einheitlich geklärt, wann eine Abänderung erfolgen darf. Überwiegend wird die Aufassung vertreten, es komme in einem solchen Verfahren immer auf die aktuellen Verhältnisse an. Dementsprechend muss unabhängig vom Zeitpunkt der Errichtung der Jugendamtsurkunde geprüft werden,  welcher Unterhaltsanspruch sich nach den jeweils aktuellen Einkommensverhältnissen ergibt.

Teilweise wird aber auch dahingehend argumentiert, dass eine Abänderung des Titels voraussetzt, dass eine Änderung gegenüber den Verhältnissen im Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde nachweisbar sein muss. Dies könnte dann problematisch sein, wenn sich jemand zu mehr Unterhalt verpflichtet hat, als sich tatsächlich aus dem Einkommen ergibt.

Aus anwaltlicher Sicht ist jedem Unterhaltsverpflichteten zu empfehlen, sich vor der Anerkennung eines Unterhaltsanspruches über die Folgen und Abänderungsmöglichkeiten beraten zu lasse. Gleiches gilt, wenn das Kind volljährig wird. Die Berechnung für ein volljähriges Kind unterscheidet sich von der Unterhaltsberechnung eines minderjährigen Kindes gravierend. Es kann sogar sein, dass allein auf Grund der Volljährigkeit gar kein Unterhaltsanspruch mehr besteht.

Unterhalt und Altersvorsorge

Geht es um die Zahlung von Ehegattenunterhalt, bestehen nur wenige Möglichkeiten, auf die Unterhaltshöhe Einfluss zu nehmen. Eine dieser Möglichkeiten ist aber in den Unterhaltsleitlinien ausdrücklich vorgesehen. Es ist nämlich in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine zusätzliche Altersversorgung betrieben werden darf, die unterhaltsrechtlich beim Ehegattenunterhalt bis zu 4 % des Bruttoeinkommens betragen darf.

Selbst wenn erst während der Trennungszeit entsprechende Vorsorgeaufwendungen anfallen, mindern diese das unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Einkommen. Problematisch daran ist, dass in aller Regel mit der Scheidung auch der Versorgungsausgleich durchgeführt wird. Dabei geht es um den Ausgleich der während der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche. Maßgeblich für den Ausgleich der Rentenansprüche ist die Ehezeit, die sich danach richtet, wann der Scheidungsantrag vom Gericht zugestellt wird.

Macht ein Ehegatte von der Möglichkeit der zusätzlichen Altersversorgung Gebrauch, könnte man auf den ersten Blick meinen, dass sich dies letztlich nicht vorteilhaft auswirkt, weil der unterhaltsberechtigte Ehegatte spätestens durch den Versorgungsausgleich von den Aufwendungen profitiert. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass gemäß § 18 Versorgungsausgleichsgesetz ein Ausgleich wegen Geringfügigkeit unterbleiben kann. Gegenwärtig ist die Voraussetzung der Geringfügigkeit gegeben bei einem Ausgleichswert als monatliche Rente von 25,20 € oder bei einem Ausgleichswert als Kapitalwert von 3.024,00 €. Da jeweils die Hälfte ausgeglichen wird, müsste zum Beispiel eine Lebensversicherung einen Kapitalwert von mindestens 6.048,00 € haben, damit sie im Versorgungsausgleich berücksichtigt wird. Geht man davon aus, dass es z.B. nur um das Trennungsjahr geht, in welchem der Unterhalt reduziert werden soll, wäre es denkbar, bei einem entsprechend hohen Einkommen einen monatlichen Beitrag in Höhe von ca. 500,00 € zu leisten, ohne dass die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird. Auf diese Art und Weise ließe sich der Unterhaltsanspruch um mehr als 200,00 € monatlich reduzieren.

Kindesunterhalt und Kindergartenkosten

Bei der Berechnung des Kindesunterhaltes stellen sich die beiden Elternteile häufig die Frage, welche Kosten in dem von dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zu leistenden Kindesunterhalt enthalten sind und welche nicht, d. h., an welchen zusätzlichen Kosten sich dieser Elternteil noch zusätzlich zu beteiligen hat.

Lange Zeit ist der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die anteilig zu tragenden Kosten für den halbtägigen Kindergartenbesuch in dem Kindesunterhalt gemäß der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind.

Nach einer neu veröffentlichten Entscheidung des Bundesgerichtshofes soll dies jedoch nur noch für die in der Einrichtung anfallenden Verpflegungskosten gelten. Die Kindergartenbeiträge hingegen sollen in den Unterhaltsbeträgen gemäß der Unterhaltstabelle nicht mehr enthalten sein, unabhängig davon, was für ein Unterhaltsbetrag sich aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen überhaupt ergibt. Statt dessen soll es sich um Mehrbedarf des Kindes handeln, für den beide Elternteile anteilig entsprechend ihren Einkommensverhältnissen aufkommen müssen.

Interessant ist auch, dass der Bundesgerichtshof jetzt allgemein Erziehungs- und Betreuungsbedarf des Kindes, also auch z. B. die Kosten für Musik und Sport, als Mehrbedarf ansieht, was zur Folge hat, dass ab jetzt die Eltern sich die Kosten für praktisch alle Freizeitaktivitäten des Kindes teilen müssen, für die bislang der betreuende Elternteil allein aufzukommen hatte.